Dienstag, 28. Februar 2017

Rezension: Niemand ist bei den Kälbern von Alina Herbing

ISBN: 978-3716027622
224 Seiten
Hardcover
20,00 UR
 
 
 
Der Inhalt:
 
 
Christin lebt auf dem Bauernhof ihres Freundes Jan. Ihr Lebenstraum ist das nicht gerade, aber was soll man schon machen? Jan kämpft Stunde um Stunde für seinen Melkbetrieb und gegen die Windkraftanlagen, die Ohnmacht des einzelnen gegenüber des Staates und der Medien gegenüber macht ihm echt zu schaffen. Und Christin? Sie versucht ihr Leben zu angenehm wie möglich zu gestalten, nur ob sie da auf dem richtigen Dampfer ist. . . .
 
 
 
Der Schreibstil:
 
 
Der Schreibstil wirkt zu Anfang unterkühlt, schnell wird dem Leser klar, dies hier ist kein Roman, der das Landleben romantisiert, sondern es geht um das richtige Leben mit all seinen Tücken. Auf dem Bauernhof ist wenig Zeit für Zärtlichkeit, dafür aber viel Arbeit, die einen verdrießlich machen kann.  Kurze knappe Beschreibungen bringen Situationen auf den Punkt, ohne viel Federlesens werden vor allem die negativen Aspekte des Landlebens aufgegriffen.
 
 
 
Die Charaktere:
 
 
Christin wird in einigen Beschreibungen als Anti- Heldin proklamiert. Doch ist sie das wirklich? Ja, sie lügt und betrügt, ist egoistisch und man müsste wirklich lange überlegen, um ihr gute Eigenschaften abgewinnen zu können. Nur frage ich mich auch: ist dies nicht irgendwie normal? Christins Situation ist schwierig, ein Vater als Alkoholiker, eine Mutter, die abgehauen ist und Jan, der mit dem Melkbetrieb so viel um die Ohren hat. Wer hat da Zeit für Christin? Wo bleibt die Zärtlichkeit für sie? Klar, man kann ihre Taten mit Missgunst betrachten- man kann aber auch verfolgen, wie Christin eigentlich um Aufmerksamkeit und Anerkennung schreit. Zwar sind die Grundlagen nicht immer die Edelsten- aber ich hatte kurze Phasen, in denen ich es echt verstanden habe. Vor allem während Christins Rückblenden kamen diese Gefühle bei mir an. Es bleibt nicht viel Zeit auf dem Land für persönliche Dinge- mittendrin ist Christin und geht dabei vollkommen unter.
 
Jan ist eher der jähzornige Typ, der Christin überwachen will wie eine seiner Kühe im Stall. Es gab durchaus auch schöne Momente zwischen Jan und Christin, doch das Verhältnis wird immer distanzierter. Jan als Kämpfer für seine Rechte und als Aufrechterhalter des Melkbetriebs hat mir sehr gut gefallen, Jan als Partner dagegen.... puh ziemlich mies, den würde ich nicht mal geschenkt bekommen wollen, ich habe es einfach nicht so mit Partnern, die mir ihre Moralvorstellungen und ihre Art zu leben aufs Ohr drücken wollen und ich glaube, auch dies fördert Christins Unbehagen. Sie kann sich einfach nicht entfalten. Sie ist perspektivlos.
 
 
Die Story:
 
Der Verlauf der Geschichte ist eigentlich das, was mich am meisten gestört hat in diesem Buch. Eine "echte" Handlung war am Anfang schwierig zu erkennen, wobei in der Mitte das ganze interessanter wird, auch auf psychologischer Ebene, an diesem Punkt habe ich mich eigentlich recht wohl gefühlt. Das Ende hat mir dann jedoch am wenigsten gefallen, es war meiner Meinung nach zu instruiert und nicht authentisch genug, was eigentlich im Gegensatz dazu steht, wie ich das Buch anfangs empfunden habe. Ein geschickteres Ende hätte mich zu einer höheren Punktzahl animiert.
 
 
Das Fazit:
 
Das Buch hat eine Menge Potenzial, welches mich nachdenklich gemacht hat. Eine Protagonistin, die einen schwierigen Charakter hat mit einem sozialkritischen Hintergrund verbunden scheint eine interessante Mischung zu sein, die hätte klappen können. Das Ende jedoch war ein Fehlschlag, zunächst zu instruiert und dann noch offen und frei (Jeder soll sich seine eigene Meinung bilden) waren keine gute Kombination, wobei mich das freie Ende nicht so sehr gestört hat.
 
 
Von mir gibt es also für "Niemand ist bei den Kälbern" 3 Monstersternchen.
 
 


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